Der Kater am Morgen danach

Es ist, als ob man am Morgen nach ner Sause in einer großen Kneipe mit Kumpels, mit Gelächter und Geschrei wieder aufwacht, und feststellt: Es hat sich nichts verändert. Es ist weiterhin ruhig. Niemand verlangt nach Dir. Keiner braucht Dich.

Noch am Abend war man wer, am nächsten Morgen wieder nichts - Katerstimmung, Bedeutungsverlust. Im Nachhinein sieht es so aus, als hätte man einfach nur eine Kerze für sich selber angezündet. Die hat eine Weile lustig Licht gespendet. Doch jetzt ist sie wieder aus.

Der Öffentlichkeit ist das zwar nicht egal, wie jedes gute Theater. Aber es ist nicht so wichtig, wie die Meinungen, die Antworten, Erklärungen und Orientierungen, die sie sich von Wortmeldungen erhofft.

Es ist unsere Idee von Öffentlichkeit, dass jederman die gleiche Bedeutung zukommt, jeder gleiche Würde hat, nicht abhängig von den Mächtigen, die sich ungerne in die Suppe spucken lassen, oder gar kritisieren, und auch nicht abhängig von den überkommenen Wertvorstellungen manch eines Mitbürgers, der sein autoritäres und sklavisches Gehabe bis heute nicht ablegen konnte.

Überzeugungen und Bedeutungen sind zweierlei.

Öffentlichkeit kennt keine Regisseure, die einem das Wort erteilen.

Wir sind eine Gesellschaft gleicher und freier Menschen, die ihre gemeinsamen Angelegenheiten versuchen gemeinsam zu regeln.  Öffentliche Wortmeldungen sind daher eine Frage der Verantwortung für die eigenen Angelegenheiten.

Natürlich kann Ignoranz verbittern. Doch Verantwortung, erst recht Persönlichkeit tangiert sie nicht.

Ich muß gar nicht an Ghandi denken, der mal gesagt hat: "Erst ignorieren sie Dich, dann lachen sie Dich aus, dann beschimpfen sie Dich und dann gewinnst Du." Das galt einem Kolonialsystem mit Rassentrennung. Für unsere Demokratie  wünsche ich mir ein Klima des gegenseitigen Respekts. Das entspricht unser aller Bedeutung in einer demokratischen Gesellschaft. Dann gibt es keinen Kater am Morgen danach.

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