Heines Pointe

Die sechs Strophen des Prologs im  Lyrischen Intermezzo von Heinrich Heine sind ein wunderschönes, romantisches Märchen mit einem pointierten Schluss, der einem Spitzweg’schen Bild alle Ehre machen würde.


Heine arbeitet gerne mit Gegensätzen und Wendungen, die auf verblüffende Weise unerwartete Erklärung liefern. Selten aber ist ihm das, wie ich es beobachte so gut wie im Prolog zu seinem lyrischen Intermezzo gelungen.


Man wird als Leser mit hinein genommen in die romantische Welt eines ängstlichen und unsicheren Ritters, der seinen Mitmenschen Objekt des Spottes ist, und der erst in seiner Märchenwelt aufblüht und unbekümmert lieben kann. Diese Welt aber, seine Phantasie ist ihm viel reicher als uns der Alltag jemals scheinen kann.


In diese Märchenwelt nimmt Heine uns mit hinein. Eine Nixe erscheint, eine Liebe zwischen ihr und dem Ritter blüht, ein Fest braust, und der Ritter und wir als Leser werden mit hinein genommen, bis


die Lichter erlöschen.


Und der Ritter plötzlich wieder alleine ist.


In dem düstern Poetenstübchen.


Und erst mit dieser letzten Zeile in der letzten Strophe des Prologes merkt der Leser, dass Heine sich hier wohl auch selber beschreibt. Denn der Ritter ist in Wahrheit ein Poet. Sein Spott gilt auch sich selbst. Er schafft sich seine eigene Welt, heller und schöner als alles ringsum. Doch sie entsteht erst gen Mitternacht, und verschwindet so schnell wie sie gekommen ist. Am Schluss ist alles wieder wie bisher.


Die Romantik von Heine dient der Entrückung und kann sie doch nicht halten, will sie nicht halten. Am Ende steht die Klarheit und Helle unserer aufgeklärten Welt. Wir sind selber erschüttert, und wissen gar nicht worüber am meisten. Dass der Held, der Ritter so versunken war in seinem Traum, der ihn für alles zu entschädigen schien, dem wir ihm gegönnt haben? Oder dass er sich als Poet entpuppt, und wir mit einem Mal wieder wissen, Poeten schaffen Traumbilder, etwas wunderbar schönes, und kommen dennoch wieder in der Realität an? Und die Realität selbst? Kann sie jemals dem, der einmal in seiner Traumwelt lebte, die Schönheiten bieten, die im Traum zum Vorschein kommen, und die ja auch Wahrheiten sind?


Von diesem Gedicht kann man sich nehmen, was immer man will. Die Traumwelt, die Schönheit, die Entrückung, die Ernüchterung und den Spott. Dieses Gedicht ist keine Predigt. Erlösung gibt es hier nicht. 

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