Kleine Wiener Konferenz

Eine Art kleiner Wiedergeburt der KuK-Monarchie fand in der letzten Woche in Wien statt. Die einstige Großmacht Österreich war Gastgeber ihrer ehemaligen Provinzen von Mazedonien bis Tschechien. Man umging bewusst die europäischen Institutionen in Brüssel, man traf sich im kleinen Kreis gleichgesinnter, und gleich ergrimmter Staaten, die mit Brüssel und mit Deutschland hadern, und die die Massen der Flüchtlingszüge, die nach Deutschland oder Skandinavien wollen, bewältigen müssen.

 

Herausgekommen ist wenig, außer dass man sich gegenseitig bestärkte. Und dass man Griechenland androhte, aus dem Schengenraum rauszuschmeißen. Das hat auch gleich reagiert, und die österreichische Innenministerin ausgeladen. Das eine ist genauso beschränkt wie das andere.

 

Worum geht es in der Sache?

 

Hier werden Interessen gebündelt. Kleine Länder stärken sich gegenseitig in ihrer Interessenvertretung gegenüber der großen EU, oder dem übermächtigen Deutschland. D’cor, kann man machen.

 

Doch was können sie in der Sache bewirken? Der Flüchtlingswelle Einhalt gebieten können sie auch nicht, das ginge  nur mit Ursachenbekämpfung, oder mit Hilfe von Drittstaaten wie der Türkei.

 

Dass Mazedonien die Grenze zu Griechenland dicht macht ist ärgerlich. Denn Griechenland kann für die Massen an Flüchtlingen auch nichts; wenn sie an ihren Küsten anlanden, müssen sie aufgenommen werden, sonst überließe man sie dem sicheren Wassertod. Das geht gar nicht. Griechenland ist mit ihren Flüchtlingen total überfordert. Statt Abschottung würde hier Solidarität helfen. Das aber will die Kleine Wiener Konferenz gar nicht. Die Flüchtlinge werden weiter über den Balkan kommen, sie werden ihre Wege finden.

 

Die Teilnehmer dieser Konferenz produzieren einfach nur Frust. Die EU und Deutschland können sich nicht abschotten.

 

Allerdings können sie schon etwas tun. Sie könnten die Migrationsströme mit Hilfe von Einwanderungsgesetzen kanalisieren helfen. Und sie können ihre Türkeipolitik ändern. Die pauschale Verunglimpfung der Türkei als islamistischer Gefahrenherd war ein Fehler. Heute wissen wir, dass der eigentliche Islamismus nicht in der Türkei zu Hause ist. Wenn die Kanzlerin zu Erdogan fährt, und mit ihm verhandelt ist das richtig. Aber es war falsch, dass die Kanzlerin ihn vor 10 Jahren verunglimpft hat, und der Aufnahme der Türkei in die EU einen deutlichen Riegel vorgeschoben hat. So wie es falsch war, dass die heutige Kanzlerin das Einwanderungskonzept der Süßmuth-Kommission vor über 15 Jahren pauschal abgelehnt hat. Es wird nämlich klar, dass sich Angela Merkel  in ihre missliche Lage, in der sie sich heute befindet, selbst hineinmanövriert hat. Ihrer pragmatischen Politik fehlt die Grundorientierung, ein weitsichtiger Kompass. Sie ist eine Machtpolitikerin, der es bisher immer gelungen war, ihre Entscheidungen in das Mehrheitsempfinden der deutschen Öffentlichkeit einzubinden. Das alleine aber machte sie noch nicht vernünftig. Und mit ihrer Flüchtlingspolitik ist ihr der Clou auch nur viel zu kurz gelungen.

 

Davon war auf der Konferenz der Kleinen in Wien offensichtlich nicht die Rede.

 

Was wir brauchen sind Konzepte für eine dauerhafte, tragfähige Flüchtlings- und Migrationspolitik der EU. Gerade kleine Länder könnten da viel Kreativität einbringen. Doch dafür bedürfte  es bei ihnen selber einer solidarischen Grundhaltung. Sie aber praktizieren das Gegenteil. So sorgen sie dafür, dass Deutschland in der EU noch mehr Macht bekommt, als es schon hat. Letztlich schneiden sie sich also ins eigene Fleisch. 

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