Die politische Strategie hinter dem Rente-ab-70-Vorschlag von Schäuble

Schäuble ist ein Demagoge. 

 

Am liebsten schlägt er auf die SPD, solange er sie noch ernst nimmt. Er wühlt gerne mal in ihren Wunden, sprich ungelösten Konflikten. 

 

Die gegenwärtige Rentendebatte gibt Anlass dazu. 

 

In der SPD, aber auch in der Union ist sie aufgekommen. Wahlen stehen vor der Tür. Beide Parteien versuchen mit diesem Thema zu punkten. Die spannende Frage lautet, wer hat mehr davon. 

 

In dieser Situation lanciert Schäuble seinen Rente-mit-70-Vorschlag. 

 

Der hat folgenden Hintergrund: 

 

Das eigentliche Problem ist die Finanzierung der Rente in den nächsten Jahrzehnten, nicht eine etwaige Aufstockung. Der Rentenkasse droht ein Loch. Das hat mit dem Rückgang der Bevölkerung zu tun. Dadurch alleine sinkt  die Zahl der Beschäftigten und also der Beitragszahler für die Rente. 

 

Das dadurch entstehende Loch in der Rentenkasse könnte man durch dreierlei Maßnahmen füllen: 

  1. Mehr Steuermittel in die Rentenkasse
  2. Mehr Beschäftigte durch gezielte Zuwanderung
  3. Erhöhung des Renteneintrittsalters. 

Schäuble hat sich für die dritte Option entschieden. Als Finanzminister will er keine zusätzlichen Steuermittel. Als Konservativer will er keine Zuwanderung. Also bleibt nur die Rente mit 70. Für ihn ist das logisch. Für die Arbeitnehmer ist das in der Regel ein Horror, es sei denn sie basiert auf Freiwilligkeit. 

 

Die SPD hat vor Jahren mal die Rente mit 67 eingeführt, aus guten demographischen Gründen. Aber ach, das war ein Drama, und hat sowas von Stimmen gekostet. Fürchterlich. Die Partei will gar nicht daran erinnert werden. 

 

Im Gegenteil, sie tut so, als wolle sie den Karren wieder rumreißen. Schluß mit der Absenkung des Rentenniveaus. Private Altersversorgung? Gescheitert. Das sind ihre Botschaften. 

 

Wie das finanziert werden soll, ist die große Frage. Denn das eigentliche Problem des Lochs in der Rentenkasse wird mit roll back in der SPD-Rentenpolitik erst gar nicht angefasst. Im Gegenteil,  es würde vergrößert. 

 

Darauf zielt Schäuble politisch mit seinem Vorschlag. Er entblöst die SPD - Rentenpolitik von ihrem Populismus. Der innerparteiliche Konflikt liegt offen zu Tage. Erst kürzlich hat sich völlig korrekt Walter Riester dazu geäußert. 

 

Besser wäre es da, die SPD forderte gezielte Zuwanderung wie es der DGB-Chef Hoffmann bereits getan hat, und knüpft damit an ihre moderne Einwanderungspolitik an. Nebenbei, auch die Arbeitgeber haben sich dahingehend geäußert. So könnte die SPD sich treu bleiben, das Land weiter modernisieren und den sozialen Frieden erhalten. 

 

Die Rentner, die ja über die gegenwärtige Erhöhung der Rente ganz zufrieden sind, verunsicherte sie nicht dadurch. Und den Arbeitnehmern, die die Kosten der Rente zahlen kann die SPD sagen, dass ihre Lasten künftig auf mehr Schultern verteilt werden. 

 

Davon hätten alle was. So aber verliert am Ende nur die SPD. 

 

Dass Schäubles Boschaft auch der eigenen Partei gilt, weil die Schwesterpartei den gleichen Populismus fährt wie die SPD, sei nur am Rande erwähnt.

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Bernd Voigtländer (Dienstag, 26 April 2016 11:15)

    Bei derartigen Diskussionen sollte man mal die Betrachtungsweise in die richtige und mathematisch eindeutige Richtung lenken. Was soll das Geschwätz von der Steuerfinanzierung? Kommt dann das erforderliche Geld auf wundersame Weise vom Himmel gefallen, oder wurde es nicht doch auf verschiedenste Art und Weise vorher dem Bürger entzogen. Das Gleiche gilt für Betriebsrenten, die ohnehin nur in wenigen Fällen überhaupt vorhanden sind und die der Staat, also die Bürger, z.B. im Insolvenzfall, sichern müssen. Was bleibt und funktioniert ist einzig und allein die umlagefinanzierte Rente, also der Anteil der Produkte und Dienstleitungen, die die schaffende Bevölkerung zum aktuellen Zeitpunkt über ihren eigenen Bedarf hinaus für die Empfänger bereitzustellen in der Lage ist.
    Wenn dann die Werte- und Leistungserzeuger einen zu geringen Anteil an der Gesamtbevölkerung stellen, bleibt nur die Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Bedingung dafür aber ist, dass dann die Menschen auch in die Lage versetzt werden müssen, auch länger tätig sein zu können; nicht unbedingt im gleichen Beruf und auch nicht unbedingt in der gleichen Intensität wie voher.
    Also geht es letztendlich um die Humanisierung der Arbeitswelt und des
    Arbeitslebens. Dieses Problem ist zu lösen, auf Dauer und sofort beginnend. Alles andere ist übliches politisches Geschwätz und Finanzjongliererei, die außerdem noch Heerscharen von Arbeitskräften bindet.