Bilanz der Aufarbeitung: Schmählich bis niederschmetternd

"In tiefer Ablehnung jeglichen totalitären Denkens" hieß es im Gründungsaufruf der sozialdemokratischen Partei der DDR im Sommer 1989. Doch wer dies heute noch ernst nimmt, der findet sich am Rand des politischen Spektrums wieder, und ist nicht mehrheitsfähig. Mit dieser Haltung kannst Du heute kein Mandat mehr bekommen, so sehr ist die ehemalige Staatspartei der DDR im politischen mainstream der Bundesrepublik verankert. Wer sich diese Maxime also zu Herzen nimmt, der grenzt sich selber aus. Und so setzt die faktische Existenz der ehemaligen SED der Aufarbeitung unserer zweiten deutschen Diktatur eine harte Grenze. 

 

Und das ist auch die Grenze der politischen Wirkung unserer ausdifferenzierten und weiter ausdifferenzierenden Gedenkstättenlandschaft, die informativ über das Unrecht in der DDR berichtet. Doch alle von ihr ausgehenden Appelle an das demokratische Engagement des Einzelnen finden daran ihr Ende. 

 

Auch die Wiedergutmachung des DDR-Unrechts ist  unvollendet geblieben. Die meisten derjenigen, die unter gesundheitlichen Haftfolgeschäden leiden finden keine Anerkennung dafür. Die Zwangsausgesiedelten haben ihre Grundstücke nur selten wiederbekommen. Nicht mal die Mauergrundstücke hat die Bundesrepublik an die ehemaligen Besitzer zurückgegeben. Schlimm ist die finanzielle Entschädigungspraxis der Bundesrepublik, weil sie den Opfern zugemutet hat, sich selbst zu entschädigen. Die Entfernung der alten Privilegien für Staats- und Parteifunktionäre des SED-Staates aus dem staatlichen Rentensystem ist von den Sozialgerichten der Bundesrepublik systematisch rückgängig gemacht worden. 

 

Immerhin können die ehemaligen Opfer des SED-Unrechts sich heute zu ihren Erfahrungen in der Öffentlichkeit bekennen, können reden, können sich organisieren. Neue Opfergruppen entstehen, wie die der Kinder und Jugendlichen in den ehemaligen Spezialheimen der DDR-Volksbildung, oder die Gruppe der Zwangsadoptierten. Die Opfer der psychischen Zersetzung hingegen schweigen noch. 

 

Doch das reicht nicht, eine positive Bilanz der Aufarbeitung zu ziehen. Eher ist ihr Scheitern zu konstatieren, allen Aufrufen zum Trotz. Anspruch und Wirklichkeit der Aufarbeitung klaffen weit auseinander. In den Handlungen der Bundesrepublik spielt die ehemalige DDR und die darin gemachten Lebenserfahrungen heute keine Rolle mehr. Die Bundesrepublik hat sie entsorgt. 

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