Die DDR wird zur Fußnote der bundesdeutschen Geschichte

Je stärker die DDR entsorgt ist, desto mehr wird sie zu einer Fußnote der bundesdeutschen Geschichte. Wir erleben eine gegenläufige Entwicklung zu den 80-ger Jahren. 

 

Damals wurde die Entwicklung zweier selbständiger Staaten als unabänderlich gegeben angenommen. Die Deutsche Einheit war als unrealisitisch diskreditiert. Sie verschwand in den Hinterzimmern der politischen Phantasie. Es hatte ein Gewöhnungsprozess eingesetzt, die Teilung wurde hingenommen. Nicht nur die Existenz der DDR war zur Normalität geworden, sondern auch ihre innere Verfassung. 

 

Die Bundesrepublik machte sich zum Anwalt für Reformen in der DDR, die sie ihren Bürgern und ihrer eigenen Zukunft schuldig sei. Und damit wurden die Menschen in der DDR zu ihren Bürgern. Man sah in der SED nicht mehr nur eine politische Kraft, den verlängerten Arm Moskaus, sondern eine eigenständige politische Kraft, mit eigenem Spielraum. Nicht mehr ihre Diktatur, ihr totalitärer Charakter, die tägliche Praxis der Verletzung der Menschenrechte wurde diskutiert, sondern eine vermeintliche Identität der DDR-Bürger zu ihrem Staat. Sprich, die alte Bundesrepublik begann "positiv" über die DDR zu denken. 

 

Kein Wunder, dass die friedliche Revolution 1989 die alte Bundesrepublik so auf dem falschen Fuß erwischte. Die DDR-Bürger verhielten sich ganz anders als vorhergesehen. Der alten Bundesrepublik ging ein Partner verloren. Die SED mutierte über Nacht von einer allmächtigen Staatspartei zu einer überflüssigen. "Positiv" war jetzt der gewaltlose Widerstand gegen die SED-Diktatur, der Volksaufstand, die unverhoffte, unerwartete, zum Schluß sogar geglückte Revolution. Das war neu in der Geschichte Deutschlands. 

 

Doch diese unerwartete Wendung in der Geschichte der DDR mit dem Ende der deutschen Teilung wurde schnell zu einem Ergebnis der westdeutschen Entspannungspolitik uminterpretiert. Sie habe den Kommunisten die Aggressivität genommen, und Spielraum für Protest geschaffen, der schließlich in die friedliche Revolution eingemündet sei. 

 

So kann man eine vermeintliche Kontinuität der Bundesrepublik als Schicksalsmacher der deutschen Geschichte behaupten. Die DDR wird zu einer Fußnote der bundesdeutschen Geschichte. Die politischen Träger der Emanzipationsentwicklung in der DDR hin zu dieser Revolution sind Randgrößen geworden, die im Alltag der Bundesrepublik keine Rolle mehr spielen, ins politische Abseits geraten sind. 

 

Doch das ist ja nicht neu. Das war ja schon vor 1989 so. Und um es passend zur EM zu sagen: im Abseits läßt sich herrlich Tore schießen. 

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