Die Aufarbeiter sitzen in einer Falle

und sie merken es gar nicht. 

 

Denn was die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit betrifft prallen zwei Wirklichkeiten aufeinander. Das eine ist die Aufarbeitungslandschaft selbst mit ihren Gedenkstätten, und Institutionen, die ihr Wirken an öffentlicher Resonanz misst. Das andere ist die politische Rahmensetzung für die Aufarbeitung, die dafür sorgt, dass die politische Bedeutung der Aufarbeitung gegen Null geht. Man will sich schließlich nicht in die Suppe spucken lassen. Aufarbeitung ja, aber bitte ohne Konsequenzen. 

 

Das ist nicht erst heute so, sondern hat bereits 1990 begonnen. Die Allianz für Deutschland 1990 - der Persilschein für die Ost-CDU oder das Festhalten der West-SPD an ihrer Partnerschaft mit der SED; sie haben der Reetablierung der ehemaligen Staatspartei SED den Weg geebnet. Ein echtes Interesse an Aufarbeitung der totalitären DDR-Vergangenheit hat es nicht gegeben. Im Gegenteil. Dort wo die Aufarbeitung die politischen Verhältnisse in Frage stellte, wurde umgekehrt die Aufarbeitung in Frage gestellt. 

 

Das war bei der Debatte um die Stasi-Tätigkeit von Stolpe so, das war bei den Rot-roten Koalition so. Das war bei der juristischen Auseinandersetzung mit den Stasi-Abhörprotokollen der Telefongespräche von Bundeskanzler Helmut Kohl so. 

 

Das ist der Hintergrund für den Versuch, die Bundesbehörde für die Stasiakten zu schleifen. 

 

Doch die Aufarbeitungsszene nimmt das nicht zur Kenntnis. Sie schwimmt im eigenen Saft. Zwar bemerkt sie die zunehmende eigene Bedeutungslosigkeit. Aber die Ursachen diskutiert sie nicht. 

 

Seit ca. einem Jahr gehen die Zahlen der Antragsteller beim Bundesbeauftragten auf Akteneinsicht zurück. Das hat natürlich auch etwas mit der Flüchtlingsdebatte zu tun. Doch die eigentliche Ursache ist das Nischendasein der Aufarbeitung, deren Arbeit keine politischen Konsequenzen mehr haben soll und inzwischen auch nicht mehr hat. 

 

Wir werden wahrscheinlich noch das Einheits- und Freiheitsdenkmal bekommen. Aber das wird auch schon schwer. Und vielleicht gelingt es, ein kleines Mahnmal für die Opfer des Kommunismus zu installieren. Aber eine eigene politische Bedeutung hat das nicht mehr. 

 

Dabei liegen die Folgen dieser Bedeutungslosigkeit offen zu Tage. Es gibt politische Fragen, die sich ohne Kenntnis der Geschichte Ostdeutschlands gar nicht beantworten lassen: Warum ist die Demokratie im Osten so schwach, warum ist umgekehrt PEGIDA im Osten so stark? Woher kommt diese spezifische Tristesse im Osten, die Larmoyanz; warum will gerade Ostdeutschland das chrsitliche Abendland retten?

 

Natürlich gibt es diese Tendenzen im Westen auch, aber ihr Schwerpunkt ist schon deutlich. Die Schwäche der Demokratie in Ostdeutschland ist evident. Aber keine der demokratischen Parteien hat hier die Menschen zu mehr politischem Engagement bewegen können. 

 

Das hängt mit den Deformationen der SED-Diktatur zusammen. 

 

Wem war denn Freiheit in der DDR mehr als nur Reisefreiheit? Wer wußte um den Zusammenhang von Freiheit und prosperierender Gesellschaft, um Freiheit und Verantwortung? Wer engagierte sich für Freiheit in der DDR? Totale Anpassung an die kommunistischen Machtverhältnisse hat die Gesellschaft in der DDR verändert. Das änderte sich mit der friedlichen Revolution doch nicht sofort. 

 

Welcher Teil der politischen Elite kann Freiheit eigentlich wirklich durchdeklinieren. Nicht mal Richard Schröder, der anerkannte Sozialdemokrat in Ost- und West hatte in der DDR für Freiheit wirklich gekämpft. Ähnlich ist das mit Jochen Gauck. Bei Angela Merkel wird es noch schlimmer.  Sie hat die DDR als FDJ-Funktionärin überstanden. Tillich, da ist es noch schlimmer, war als Stellvertretender Rat des Kreises sogar Nomenklaturkader. Wer also hat sich für Freiheit wirklich eingesetzt? Wer hat sie verstanden? Wem sind die Grundlagen der modernen Gesellschaft wirklich bewußt? Wer hat ein positives Verhältnis zu ihr. Wer findet seinen persönlichen Lebenssinn in der Mitte dieser Moderne, die uns die Homoehe, islamische Einwanderer, und neue Formen des Kapitalismus beschert ? Wer kann in Ostdeutschalnd wirklich ja sagen zu unserer modernen Zeit, zu unserer eigenen Verantwortung ?

 

Wer die DDR zu einer Fußnote der Geschichte macht, wer seine eigenes Verhalten in der DDR als alternativlos hinstellt, der hat der nachwachsenden Generation nichts zu sagen, und nichts zu vermitteln. Der muß die Dinge laufenlassen, untätig und frustriert. Der kann nur abwarten, bis der Hype der AfD ein Stück wieder in sich zusammenfällt. 

 

Man kann aus der Beschäftigung mit der totalitären Vergangenheit in der DDR viele Impulse für heutige Fragestellungen finden. Doch das wäre echte Aufarbeitung. Doch daran hat nicht mal unsere Aufarbeitungslandschaft ein Interesse. 

 

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