Ausschlussverfahren kassiert – Kalte Füße bekommen


Der Vorstand des Fördervereins der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen e.V. hat auf seiner gestrigen Sondersitzung das am 2.August gestartete Ausschlussverfahren gegen mich einkassiert, vorgeblich aus juristischen Gründen, m.E. aber vor allem um das verheerende mediale Echo,  das der Start dieses Ausschlussverfahrens schon ausgelöst hat, nicht noch weiter zu verstärken. 

 

Juristisch begründet wurde dies mit dem Umstand, dass das Ausschlussverfahren gegen mich ja einem Vorstandsmitglied des Fördervereins gelte. Und als solcher besäße ich Rechte, die es angeraten sein ließen, erst mal die nächste Mitgliederversammlung zu bitten, mich von meinem Posten als Vorstandsmitglied und Schriftführer abzuberufen. Erst danach könne dann der neue Vorstand über meinen Ausschluss als nunmehr einfaches Vereinsmitglied entscheiden. Und so beschloss dann gestern der Vorstand zuerst, das gegenwärtige Ausschlussverfahren zu kassieren. Das also ist beendet. 

 

Dies hätten sich die Antragsteller auch schon vorher überlegen können. Denn sich diese juristischen Folgen klar zu machen, gegebenenfalls Sachverstand dazu rechtzeitig einzuholen, dazu gehört nicht viel. Nun aber sitzt der Verein noch tiefer in seinem Dilemma, als vorher schon. 

 

Strategisch klug wäre nun gewesen, zu erklären, ok, das Ausschlussverfahren war ein Fehler, also lassen wir es. Statt dessen bemühte sich der Vorsitzende Jörg Kürschner um einen taktischen Rückzug. Er goss die Argumente aus dem Ausschlussverfahren gegen mich in eine Mißbilligung, die dann der Vorstand gegen mich ausgesprochen hat. Statt mich also auszuschliessen, wurde ich gerügt. Übrigens passierte auch das wieder mit der gleichen denkbar knappsten Mehrheit, die bereits das Ausschlussverfahren gegen mich auf den Weg gebracht hat. Die Abstimmung ging 3:3 aus. Da die Stimme des Vorsitzenden wieder doppelt zählte, wurde die Rüge also mit 4:3 Stimmen beschlossen. Danach habe ich die Vorstandssitzung verlassen. 

 

In meinen Augen ist damit der Förderverein endgültig erledigt. Das ist das eigentlich traurige daran. Denn wie soll denn unter diesen Bedingungen die Gedenkstätte die Kooperation mit dem Förderverein wieder aufleben lassen? Abgesehen davon, dass die Leitung der Gedenkstätte nicht wahrhaben will, dass sie mit Kürschner, der ja nicht nur Vereinsvorsitzender sondern auch einer der Zeitzeugen in der Gedenkstätte ist und dort die Besucher durch das Stasi-Gefängnis führt, ein gewaltiges AfD – Problem hat (Siehe Juni-blog), ist sie den Streit im Förderverein nicht los. Solange der aber tobt, kann Hubertus Knabe, der Direktor der Gedenkstätte nach seinen eigenen Worten die Zusammenarbeit nicht wieder aufleben lassen. 

 

Gestern ist die letzte Chance vertan worden, dem Förderverein wieder eine Perspektive zu geben. Statt dessen hat der jetztige Vorstand letztlich an seinem Kurs des Ausschlusses festgehalten, ihn aber dem nächsten Vorstand übergeben. Frieden sieht anders aus. 

 

Kalte Füße haben die Befürworter des Ausschlussverfahrens bekommen; gezuckt haben sie. Aber gleichzeitig versuchten sie ihr Gesicht zu wahren. Und für Kürschner bedeutet dies, dass er immer noch so tun kann, als sei nicht er selbst es gewesen, der mit seiner Tätigkeit für die AfD den von ihm selbst gegründeten Verein in die Krise getrieben hat. Nun treibt er ihn in ein schmähliches Ende. Schlimm ist das. 

 

Es mag sein, dass es unter den Opfern und Zeitzeugen der SED-Diktatur viele gibt, die nur den Kopf schütteln über diese verfahrene Situation. Das tut mir leid. Doch man muss sich immer klar machen: Die AfD, zu derem Werkzeug sich Jörg Kürschner gemacht hat, verfolgt mit ihrem nationalistischen Kurs eine Politik, die die Geschäftsgrundlage solcher Einrichtungen wie der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen in Mitleidenschaft zieht. Diese Geschäftsgrundlage nämlich ist der antitotalitäre Konsens. Dort heisst es, dass keine der beiden Diktaturen verharmlost oder relativiert werden darf. Das aber macht die AfD mit ihren Sprüchen von Gauland, Höcke und Steinke, mit ihrer Verharmlosung des Nationalsozialismus, und mit ihrer Gleichsetzung von politischer Verfolgung zu SED-Zeiten und den manchmal harten Worten in unserer demokratischen Debattenkultur. Aber ein selbst übertrieben hartes Wort bedeutet noch lange nicht 2 Jahre Knast, wie in der DDR. 

 

Wir konnten solche Stasi-Gefängnisse wie das in Berlin-Hohenschönhausen nur deshalb in Gedenkstätten umwandeln, weil die friedliche Revolution konsequent ihren demokratischen Weg gegangen ist, weg vom Nationalismus des letzten und vorletzten Jahrhunderts, weg vom Sonderweg, weg von den ideologischen Versuchungen hin zum Weg der Moderne mit seiner Demokratie, dem Bekenntnis zu den Menschenrechten und Rechtsstaat. Nur so konnte die SED dauerhaft entmachtet werden und die Deutsche Einheit errungen werden. Eine politische Kraft wie die AfD, auch wenn sie demokratisch gewählt ist, aber setzt diese Errungenschaften, die uns Frieden und einen Lebensstandard gebracht haben, von dem andere nur träumen konnten, aufs Spiel. Die AfD ist nicht nur für die Aufarbeitung der SED-Diktatur gefährlich, sie versucht unsere ganze demokratische Gesellschaft in eine Schieflage zu bringen. Und wir sollten uns bemühen, ihr dort, wo es um die von uns geschaffenen Institutionen, wie die Gedenkstätten geht, ein klares Halt entgegensetzen. Nein, wir überlassen der AfD nicht die Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen. Wir lassen nicht zu, dass ihr Förderverein von der AfD unterwandert wird. 

 

Es mag ehemalige Opfer der SED-Diktatur innerhalb der AfD und in ihrem Umfeld geben, die nicht merken, dass sie von dieser Partei instrumentalisiert werden, um die Ressentiments gegenüber unseren demokratischen Institutionen und ihren Repräsentanten zu verstärken. Und es ist sicher so, dass auch die seit Jahrzehnten in den Bundestag gewählten Parteien erheblich zum Vertrauensverlust, unter dem sie heute zu leiden haben, beigetragen haben. Aber eine nationalistische Politik a la AfD löst diese Probleme nicht, sie verschlimmert das alles nur. Sie kann keine Lösung sein, und die Aufarbeitungsszene kann man ihr schon gar nicht überlassen.