Am gestrigen Tage hat eine außerordentliche Mitgliederversammlung des Fördervereins der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen das Ende ihres eigenen Vereins eingeleitet. Dieser Verein, der eigentlich zu diesem Zeitpunkt den nächsten Hohenschönhausen-Preisträger hätte küren sollen, und bei der Gelegenheit auch seinen 15 Geburtstag hätte feiern können, der über eine beachtliche Mitgliederzahl mit bekannten Namen verfügt, und über ein jährliches Spendeneinkommen in fünfstelliger Höhe, war nicht in der Lage mehrheitlich ein notwendiges Zeichen gegen den in ihm wachsenden AfD-Einfluss zu setzen.
Ursprünglich war der Verein mal ein Aushängeschild der Gedenkstättenarbeit des ehemaligen Stasi-Knasts von Hohenschönhausen. Er war auf Betreiben seines Direktors Dr. Knabe gegründet worden, und wurde von seinem alten Vertrauten und Weggefährten Dr. Jörg Kürschner anstandslos geleitet, bis dieser vor einiger Zeit begann die Positionen der AfD im Verein zu stärken und publizistisch zu unterstützen. Im Förderverein gab es Unmut darüber, der in erste Austritte mündete, und es gab auch das Bemühen, Kürschner zu bewegen, sein Amt als Fördervereins-Vorsitzender niederzulegen. Dies führte zu einer tiefen Spaltung des Vorstands des Fördervereins, und nun auch des Vereins selbst. Die Krise des Vereins erreichte auch die Gedenkstätte selbst; Dr. Knabe sah sich gezwungen, die Kooperation mit seinem eigenen Förderverein auszusetzen. Ein deutliches Zeichen gegen den wachsenden AfD-Einfluss insbesondere in der Person seines Vorsitzenden Dr. Jörg Kürschner aber setzte er nicht. Stattdessen trug er dem Urheber der Kritik an Kürschner an, sich selber aus der Vorstandsarbeit zurückzuziehen. Dieser Urheber war ich, und ich wurde zum Störenfried erklärt. Wieder einmal durfte ich erleben, dass das Benennen eines Missstandes schlimmer wiegt, als der Missstand selbst. Ich entschied mich über diese Auseinandersetzung die Öffentlichkeit zu informieren, um sie über die Gefahr, die sich aus dem wachsenden AfD-Einfluss im Förderverein nicht nur für den Förderverein selbst, sondern auch die Gedenkstätte entstand, aufzuklären. Daraufhin eskalierte der Streit, denn nun sah ein Teil des Vorstands die Gelegenheit gekommen, mich aus dem Förderverein auszuschließen. Das wiederum war ein gefundenes Fressen für die Medien. Die Medien griffen das Thema auf, und zwar nicht nur jene, die ohnehin nicht alles so gut fanden, was in der Gedenkstätte passierte, sondern auch solche, die in der Regel die Gedenkstättenarbeit sehr lobten.
Kurz danach führten die öffentlich bekannt gewordenen Vorwürfe von mehreren weiblichen Mitarbeitern der Gedenkstätte wegen strukturellem Sexismus zum Ende von Knabes Direktor-Tätigkeit als Leiter der Einrichtung. Bis ein neuer Direktor berufen wird, wird sicher einige Zeit ins Land gehen, weil Dr. Knabe sich entschlossen hat, gegen seine Entlassung zu klagen.
Für den Verein war eine schwierige, existenzgefährdende Lage eingetreten. Durch die Aufkündigung der Kooperation seitens der Gedenkstätte verlor er seinen Vereinszweck, der einzig in der Unterstützung der Gedenkstätte besteht. Er hätte sich eigentlich auflösen können. Aber er konnte auch versuchen, Voraussetzungen zu schaffen, dass die Gedenkstätte die Kooperation mit dem Verein wieder aufnimmt. Das aber bedeutete nicht nur, dass der Verein wieder geschlossen arbeiten kann, sondern auch, dass eine neue Führung mit ihrem Personal und ihrer Haltung jeglichen Verdacht von AfD-Nähe wirksam entgegentreten kann.
Das Personalangebot, welches diese Anforderungen hätte erfüllen können, wurde gestern mit einer deutlichen Mehrheit abgelehnt. Der stattdessen neu gewählte Fördervereinsvorstand verkörpert die notwendige Distanz zur AfD nicht. Der Förderverein bleibt mit der AfD-Hypothek belastet, die ihm Kürschner aufgehalst hat. Die neue Leitung der Gedenkstätte, die wann auch immer mal ihre Arbeit aufnehmen wird, kann sich mit dieser Hypothek nicht beschweren. Das bedeutet, dass der Verein um seine eigene Auflösung nicht herumkommen wird. Wann das geschieht, ist schwer zu sagen. Ein gewichtiges Wörtchen wird hier sicher das Finanzamt spielen, denn es wird dem Förderverein den Gemeinnützigkeitsstatus entziehen, was absolut nachvollziehbar ist. Denn die eingeworbenen Spenden und Mitgliedsbeiträge sind einzig für die Gedenkstätte gedacht, und nicht zur Gewinnerzielung. Solange aber die Kooperation zwischen Gedenkstätte und Verein ausgesetzt ist, können die Gelder nicht abfliessen. Und dies widerspricht der Vereinssatzung.
Es ist schade um den Verein, und schade um die hier investierte Arbeit. Aber der Versuch, den Verein wieder in gefahrlose Gewässer zu steuern, war lohnenswert. Dessen braucht sich niemand zu schämen, der ihn unterstützt hat. Dass er am Ende erfolglos war, steht auf einem anderen Blatt.
Ich selbst bin seit gestern meinen Schriftführerposten los und eine stressige Auseinandersetzung dazu. Wenn ich meine Restarbeiten abgeschlossen habe, werde ich den Verein verlassen, so wie viele andere auch, die gestern für einen echten Neuanfang gestritten und ihn unterstützt haben. Jetzt ist deutlich geworden, dass ein Verbleib im Verein keinen Sinn mehr macht.