Die Ost-CDU – nicht besser als die LINKEn? - Eine Entgegnung

"Die CDU hat sich bis heute mit keinem Deut mit der Vergangenheit ihrer von der SED finanzierten und stets linientreuen Schwesterpartei im sogenannten ‚Demokratischen Block‘ der DDR auseinandergesetzt. Es ist verlogen, den Linken Vorwürfe zu machen, wenn man selber nicht besser ist.“

 

Die DDR als „Unrechtsstaat“ zu bezeichnen, wie es in Richtung der Linken häufig gefordert wird, ist …. problematisch. …. dieser Begriff sei nicht klar. „Wenn man darunter versteht, dass ein Staat jederzeit ins Justizwesen eingreifen kann, dann ist die DDR ein Unrechtsstaat gewesen. Es war aber nicht alles Recht in der DDR Unrecht. Dann müssten wir alle Ehen auflösen, die in der DDR geschlossen wurden. Das wäre absurd.“

 

„Aber seither sind bald 30 Jahre vergangen. Inzwischen hat ein Generationswechsel stattgefunden, und die Jüngeren sind dementsprechend durch die Demokratie geprägt. Sie haben nichts mehr mit der SED zu tun.“ 

1.

Stimmt es denn, dass die CDU in Sachen Aufarbeitung nicht besser sei, als die LINKEn?

 

Zuerst muss man mal festhalten, dass die CDU und die SED zwar formal gleichrangige Mitglieder der Nationalen Front waren, aber die SED war Koch, und die CDU war Kellner. 

 

Die Macht in der DDR hatte die SED. Sie war der Staathalter von Gnaden Moskaus. Sie lenkte die Geschicke der DDR. Zu Recht trägt der kommunistische Staat in der DDR ihren Namen, SED-Diktatur, die nach dem Motto 

Ulbrichts: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben!“ gebildet wurde.  Für die Kommunisten in der SBZ/DDR war es nur wichtig, dass die Fassade ihres Staates demokratisch aussah, im Kern war die DDR genauso wie alle anderen kommunistischen Staaten im Moskauer Einflussbereich, eine absolutistisch regierter Staat, in der eine kleine kommunistische Führungsschicht faktisch über die gesamte staatliche Macht schalten und walten konnte, wie es ihr richtig erschien. 

 

Das demokratische Aussehen ihres Staates war der speziellen Demokratie-Geschichte Deutschlands geschuldet, die vor allem nach der Erfahrung der nationalsozialistischen Geschichte Hitlerdeutschlands, nach 1945 die einzige Perspektive für ein Deutschland bot, das dem Frieden nach innen und aussen verpflichtet sein sollte. Und deshalb liess Stalin ein Mehrparteiensystem in der SBZ zu, das aber sofort, als sich zeigte, dass die Kommunisten in demokratischen Wahlen untergingen, geschliffen wurde. Zuerst wurde die SPD beseitigt – durch ihre Zwangsvereinigung mit der KPD. Daraus ging die SED hervor. Damit war für die übrig gebliebenen, formal selbständigen Parteien klar, wo der Hammer hängt. Ein eigenständiges und selbstbestimmtes Parteileben hat die Ost-CDU seit 1946 nie gehabt. 

Niemand anders als ihr 1. Parteivorsitzender Otto Nuschke hat das auf den Punkt gebracht, als er auf einem Parteitag in den 50er Jahren seinen Delegierten erklärte, dass der CDU nur die Wahl zwischen Kamikadse oder aber Mitgestaltung der SED-Diktatur habe. Kurz, um den Preis der Unterordnung und Preisgabe aller ihrer Werte und politischen Ziele, konnten die CDU-Mitglieder immerhin an den Futtertrögen der Macht mitschnuppern, in den kommunalen Parlamenten, in der Volkskammer und in den öffentlichen Verwaltungen. Die Ost-CDU hat sich angepasst, nie hat sie aufgemuckt. Von einer Möglichkeit politischer Veränderungen in der DDR hat sie nicht einmal geträumt, geschweige denn, dass sie Überlegungen für eine Zeit nach der sowjetischen Besatzung angestellt hätte. Immerhin bot sie für manch einen DDR-Bürger einen gewisse Zuflucht, wenn er sich durch seinen Eintritt in die CDU Schlimmeren, wie SED-Beitritt oder Kampfgruppen-Mitgliedschaft entziehen konnte. 

 

Im Grunde war auch die CDU ein Opfer der SED-Alleinherrschaft. Allein, sie betrachtete ihren politischen Weg als Tugend. In Sachen Anpassung und Unterordnung unter die bestehenden machtpolitischen Tatsachen in der DDR war sie ein Vorbild. Und so wurde auch die Ost-CDU zum Repräsentanten der SED-Diktatur, in der DDR war sie ein Kollaborateur  der Kommunisten und der sowjetischen Besatzungsmacht. Und so wurde sie zum Täter in Sachen SED-Diktatur. Aber eben einem untergeordneten, nachgeordneten, faktisch unbedeutenden Täter. Die Linie hat die SED vorgegeben. Die CDU ist nur hinterhergetrottet. Insofern kann man, mit Blick auf die DDR-Geschichte eben nicht sagen, dass die CDU keinen Deut besser gewesen sein, als die SED. Die SED war der Leithammel, die Ost-CDU gehörte zur Herde. 

 

2. 

 

So verschieden wie die DDR-Geschichte der beiden Parteien ist, so muss auch ihre Aufarbeitung sein. Beiden Parteien immerhin gemeinsam ist ihr Hineinstürzen in die friedliche Revolution 1989, von der sie überrascht wurden, obwohl beide wissen konnten, dass die Tage der sowjetischen Besatzungsmacht gezählt waren, ja, dass der oberste Kremlherrscher Gorbatschow selbst, beschlossen hatte, sein Reich auf eine neue Grundlage zu stellen, Gewaltlosigkeit und Selbstbestimmung. Weder SED noch Ost-CDU hatten das in ihrem Programm. Trotzdem wurden sie von den damaligen stürmischen Zeiten nicht hinweggefegt. Die CDU-Ost gelang sogar der Aufstieg in die Regierung, sie stellte den Ministerpräsidenten 1990. Und die SED kam für ihre Verhältnisse

mit einem achtbaren Ergebnis in die erste frei gewählte Volkskammer. 

 

Bei  ihr, die sich inzwischen (Dezember 89) in PDS  umbenannt hatte, hat das mit Gysi und mit Modrow zu tun. 

Bei der Ost-CDU mit Helmut Kohl. Modrow, der letzte SED-Ministerpräsident der DDR, gab den ehrlichen Makler des Übergangs, der sich der Demokratisierung der DDR nicht entgegenstellte und sich nur im Geheimen, sozusagen klandestin bemühte, soviel von Macht und Einfluss der alten SED-Nomenklatura in Verwaltung und Volkswirtschaft und in den bewaffneten Organen zu bewahren wie eben möglich war. Er gab der SED ein neues Gesicht; besser: er half ihr, das Gesicht zu bewahren. 

 

Ein wirklich neues Gesicht war Gysi. Er gab den eloquenten Reformer, der die Vision des Sozialismus aus der Asche der untergehenden DDR neu empor steigen liess. Ein moderner, ein linker Sozialismus, ein europäischer, ein weltumspannender, antikapitalistischer sollte es sein. Beiden, Modrow und Gysi gelang es die anhaltende Erosion der Loyalitäten in der DDR-Bevölkerung gegenüber der alten SED aufzuhalten und zum Stoppen zu bringen. Wer hätte das gedacht? Aufarbeitung sieht anders aus. Da hätte man die Verbrechen benennen müssen, die im Namen des Kommunismus an den Menschen begangen wurden, und an denen die SED beteiligt war. Eine dürre Entschuldigung, einige wenige Rehabilitierungen in Ungnade gefallener Alt-Kommunisten. Das wars auch schon. Über die ganzen verheerenden Folgen kommunistischer Politik in Deutschland, angefangen 1918 mit Generalstreik und Aufständen gegen die erste deutsche Demokratie, den direkten und indirekten Hilfen für Machtergreifung der Nazis, dem Kapo-System in den NS-Konzentrationslagern, der Überantwortung und Ermordung deutscher Exilianten in das Stalinsche Gulagsystem, dem Aufbau einer bolschewistischen Diktatur in Deutschland, ihrem Terror- und Unrechtssystem, der Statthalter-Funktion der SED für die bolschewistische Besatzungsmacht, dem Zerstören der Volkswirtschaft, dem Bau der Mauer, den Unterdrückungsinstrumenten, dem MfS, etc. bis hin zum totalen Bankrott der SED und nicht zuletzt ihrer Weigerung Gorbatschow mit eigenen Reformen beizustehen, darüber viel von Seiten Gysis und Modrows kein Wort. Die ehemalige SED hat ihre Geschichte nicht aufgearbeitet, sie hat sie nicht einmal benannt. Sie versteht sich bis heute als Siegelbewahrerin eines sozialistischen Traums, von dem niemand wissen kann, wie sie ihn denn realisieren will. 

 

Die Geschichte der Ost-CDU sieht anders aus. Sie ist das Paradebeispiel für die Hilflosigkeit breiter bürgerlicher Schichten in der SBZ/DDR gegenüber dem bolschewistischen System, seinem Druck und Zwang, seiner scheinbaren Alternativlosigkeit. Die CDU-Ost hat in der DDR einfach nur versucht, zu überleben. Dafür hat sie alles geopfert was ihr wichtig war, Programm, Vision und Werte. Zum Schluss wollte auch sie den Sozialismus und verriet ihre Vision der Wiedervereinigung genauso wie ihre Vorstellungen von Marktwirtschaft. Vom Festhalten an Rechtsstaat oder gar Menschenrechten ganz zu schweigen. 

 

Doch in der Ost-CDU war das Wissen um die eigene Unterwerfung unter das Unrechtssystem der SED nie verloren gegangen. So jämmerlich auch manche der Funktionäre der Ost-CDU, bis in die Jahrzehnte der Nachwendezeit wirken mochten. Einen letzten Rest an Würde und an Selbstachtung hatten sie sich bewahren können. Gerade weil sie um ihre Unterwerfung wussten. 

 

Und genau aus diesem Wissen heraus gelang ihnen im Herbst 1989 ein Neuanfang. 

 

Unterstützt durch die alte Nomenklatura, von denen ihre Funktionäre ein Teil waren, und einigen Strategen des in die Defensive geratenen MfS gelang es de Maiziere, sich Helmut Kohl als adäquater Partner für seine Einheitsstrategie anzudienen. Und damit war die Zukunft der Ost-CDU und ihrer Funktionäre gesichert. 

 

Vom Verrat an all den Werten, die sie nun ab 1989 hochhielten, Freiheit, Recht und Einigkeit, aus der Mitmachzeit der SED-Diktatur, von der Hilflosigkeit, von der vollständigen Kapitulation vor der Macht der SED, war nicht mehr die Rede. Mit der Volkskammerwahl 1990 wurde die Ost-CDU zur bestimmenden politischen Kraft in Ostdeutschland, die die deutsche Einheit organisierte. Sie fühlte sich durch die Wahlergebnisse rehabilitiert, ja sie triumphierte geradezu. 

 

Wahlerfolge laden nicht zur Aufarbeitung ein. Ihren Wahlerfolg 1990 hat die CDU Helmut Kohl zu verdanken, und der breiten Unterstützung den dieser bei den damaligen DDR-Bürgern genoss. Das geringe intellektuelle Potential der Ost-CDU, der Mangel an Konzepten, die offenkundige Hilflosigkeit vieler ihrer Funktionäre, und die hier praktizierte Tugend der Anpassung ohne die politischen Verhältnisse zu hinterfragen hat die Erfolge dieser Partei an der Schwelle der 90er Jahre verblassen lassen. 

 

Wenn man der Ost-CDU aus ihrer DDR-Geschichte etwas vorwerfen kann, dann ist das die vollständige Unterwerfung unter die totalitären Verhältnisse der SED-Diktatur, die sie durch ihre Unterwerfung noch stabilisierte, ja stärkte. Was man ihr nicht vorwerfen kann, ist diese totalitären, bolschewistischen Strukturen der SED-Diktatur geschaffen zu haben. Das haben Stalin und die SED getan. Doch die CDU-Ost hat auch bis heute ihr Versagen zu DDR-Zeiten nicht eingeräumt. Stattdessen pflegt sie das Bild von der Tugend des Überwinterns, was bei Lichte besehen, nichts anderes als der Versuch war, ein wenig an den Futtertrögen der Macht, die ihr die SED hinhielt zu naschen. Mehr war es ja nicht. Doch ihr eigentliches Versagen ist das ohnmächtige Hineinbegeben in die repressiven Strukturen der SED-Diktatur, ohne einen Gedanken an ihre Überwindung zu verschwenden. Sie hat sich vollständig selbst aufgegeben. Und bis heute tut sie so, als sei das der bestmögliche Weg zur Überwindung der SED-Diktatur gewesen. Wo ist da der Stolz einer bürgerlichen Klasse, die um ihre Stärke weiss, um ihre Tat- und Schaffenskraft, um ihre bildungsbürgerlichen und unternehmerischen Traditionen, um ihre Freiheitstraditionen, einer Klasse, die weiss, bzw. wissen müsste, dass absolutistische Strukturen dem Untergang geweiht sind, dass Vernunft der Freiheit bedarf, und dass daher alle Staaten untergehen werden, die ihren Bürgern diese Freiheiten nicht gewähren.

 

Heute tut die CDU so, als hätte sie ja nur auf den Untergang der SED gewartet. Doch wenn sie das gewusst hätte, dann hätte sie sich darauf vorbereitet, dann hätte sie den Untergang beschleunigt, dann hätte sie sich zu einem Partner Gorbatschows gemacht, dann wäre sie zu einem Hoffnungsträger in der DDR avanciert. Doch das war sie nicht, zu keinen Zeiten. Sie war ein Nutzniesser der Revolution von 1989, sie war nicht deren Vorbereiter. Sie hat einfach Glück gehabt. Und dieses Glück ist Gift für die Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte. Es geht da nicht einfach nur um die Stasi-Strukturen, die sich in der CDU-Ost fanden. Es geht um ihre Würdelosigkeit, mit der sie die DDR überwintert hat. Bis heute hat die CDU dafür keinen Namen gefunden. Sie müsste sich schämen für ihr Verhalten, und sie müsste Abbitte leisten. Statt dessen hat sie der ehemaligen SED den Schwarzen Peter für ihr Versagen in der DDR zugespielt. In ihren Augen war die SED an allem Schuld. Und solange dies die Räson der CDU ist, solange wissen wir, dass sich die CDU ihrer DDR-Geschichte bis heute nicht gestellt hat. Deshalb der Unvereinbarkeitsbeschluss mit der ehemaligen kommunistischen Staatspartei, bemäntelt mit einem kongruenten Unvereinbarkeitsbeschluss gegenüber rechts, also der AfD, der bekanntlich, siehe Thüringen und die Wahl von Kemmerich, das Papier nicht wert war, auf dem er festgehalten wurde. 

 

Trotzdem das bleibt festzuhalten. Nicht die CDU hat die SED.Diktatur und die DDR geschaffen, das waren die Kommunisten, das war Stalin und die SED. Aber die Würdelosigkeit, mit der die bürgerlichen Schichten in der CDU sich den totalitären Verhältnissen in der DDR unterworfen haben, ihre politische Konzeptions- und Ideenlosigkeit und ihre Selbstlegendierung als Tugend und als Überwinterungsstrategie, das bezeichnet das Versagen der CDU. 

 

Man sieht also, auch in Sachen Aufarbeitung kann man die CDU und die LINKEn, die ja aus der ehemaligen SED hervorgegangen sind, nicht in einen Topf werfen. Zu unterschiedlich ist die Gemengelage, zu unterschiedlich ist das Versagen. 

 

3. 

 

Im Grunde waren beide, die DDR genauso wie Hitlerdeutschland, bzw. die NS-Diktatur totalitäre Staaten. In beiden Fällen herrschten nicht nur Staatsparteien, bzw eine kleine Clique an Funktionären, die in ihren Händen die gesamte staatliche Macht bündelten. Sie griffen in fundamentale Rechte ihrer Bürger rücksichtslos ein, wenn das in ihren Augen aus Machterhaltungsgründen oder aus einer Laune heraus geboten schien. Und keiner ihrer Bürger hatte die Möglichkeit, sich dagegen in irgendeiner Weise zu schützen. Genau diese Verhältnisse meint der Begriff „Unrechtsstaat“. 

 

Dass es aus Machterhaltungsgründen auch für eine absolutistische Clique an Staatsführern geboten ist, Regeln zu erlassen, um das Funktionieren einer Gesellschaft zu ermöglichen, wie die Strassenverkehrsordnung, oder das Schulwesen usw. ändert am Unrechtscharakter des totalitären Staates nicht das Geringste. 

 

Warum also diesen Begriff „Unrechtsstaat“ in Frage stellen? Dies nützt nur jenen Nostalgikern, die den Unrechtscharakter der DDR in Frage gestellt sehen möchten, und die aus diesem Grunde die Bereiche quasi unpolitischer Rechtsbereiche hervorheben, um damit die DDR insgesamt zu rehabilitieren. 

 

Das ist keine Aufarbeitung. Das ist Verharmlosung, das ist Verklärung. 

Was ist denn dabei? Wen trifft denn der Vorwurf, die DDR sei ein Unrechtsstaat gewesen? In der Regel diejenigen, die sich über ihren Unrechtscharakter nicht im Klaren waren, und die sich von diesem Vorwurf getroffen fühlen. 

 

Nein, niemand braucht sich des Umstands zu schämen, dass er in einem Staat gelebt hat, der ein Unrechtsstaat war, und dass er ihn überstanden hat, und zum Schluss, dass er überwunden wurde, ja dass ihn Millionen von Menschen überwunden haben. 

 

4. 

 

Ist die LINKE eine normale Partei?

 

Schlicht und einfach: nein. Das ergibt sich aus ihrer Geschichte. 

 

Dass ihre Mitglieder die Geschichte ihrer Partei nicht aufgearbeitet haben, hat mit ihrer Geschichte zu tun. Dass sie Mitglieder gewinnt, die an Aufarbeitungsfragen kein Interesse haben, hat etwas mit den erfolgreichen Diskreditierungskampagnen gegenüber der Aufarbeitung zu tun. Doch ein Beweis für den demokratischen Charakter der LINKEn ist das nicht. 

 

Aufarbeitung ist das Benennen, was war. Die Mitschuld am kommunistischen Unrecht in Deutschland, kann man der LINKEn nicht erlassen. Ihre Teilhabe am kommunistischen Unrecht in der Welt auch nicht. Sie, die LINKE mag sich auf dem Boden der demokratischen Spielregeln tummeln wie ein Fisch im Wasser, ihre Zuverlässigkeit in Sachen Bewahrung der Demokratie und der Republik verbessert das nicht. Die ergibt sich nur aus einer glaubhaften Aufarbeitung des Versagens der Politik der kommunistischen Parteien in Deutschland seit 1918. 

 

Man mag Koalitionen mit der LINKEn eingehen wollen, doch das bedeutet eben nicht, sie aus der Verantwortung für ihre Schuld an Millionen Menschen zu entlassen. Im Gegenteil, jede Koalition, jede Art der Partnerschaft mit der LINKEn muss sich auch am Verhältnis zu der Schuld der kommunistischen Partei in Deutschland orientieren. 

 

5.

 

Irgendwie gehören diese drei Botschaften im Interview vom MDR zusammen. In der Tat lässt sich eine Klammer finden. Alle drei Botschaften bedienen das Blockdenken, das rechts-links-Schema, mit dem Koalitionen und Partnerschaften im vermeintlich linken politischen Spektrum legitimiert werden. 

 

Man findet diese Betrachtungsweise in den Medien, in grossen Teilen der politisch interessierten Öffentlichkeit und natürlich in der LINKEn selbst, die ja ihren eigenen Namen von diesem Denken abgeleitet hat. Aber auch grossen Teilen der SPD ist dieses Denken eigen, bis hin zu den Grünen lässt es sich finden. 

 

Produktiv ist dieses Denken nicht. Denn ist ein ideologischer Ansatz. Er fragt nicht zuerst danach, was die unterschiedlichen politischen Kräfte in der Sache selbst wollen, sondern wie sie sich selbst verstehen. Es geht nicht um den Wettstreit der Konzepte, der Erfahrungen und der Handlungsstrategien. Es geht um vermeintliche übergeordnete Gemeinsamkeiten an und für sich unterschiedlicher politischer Kräfte. Dahinter verblassen die Unterschiede dann. 

 

Die SPD verliert bei diesem Herangehen ihr Alleinstellungsmerkmal als sozialdemokratischer Kraft. Genau in dieser Falle befinden sich die beiden z.Z.-Vorsitzenden, Esken und Borjan. Ihr Anliegen mit Hilfe einer rot-rot-grünen Koalition im Bund auch nach der nächsten Wahl an der Macht zu bleiben, und vielleicht auch den Kanzler zu stellen, wird mit dem Links-Rechts-Schema argumentativ bekräftigt. Faktisch aber machen sie die SPD damit auf lange Sicht überflüssig. Was sie stark gemacht hat, war ihr spezifischer sozialdemokratischer Politik-Ansatz. Genau der geht beim Links-Rechts-Schema verloren, dann sind nämlich zum Schluss alle nur noch links. Und, so fragt man sich, was hat alles Andienen dann gebracht?