Plenumsdebatte zum Errichtungsbeschluss für ein Mahnmal für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft am 13. Dezember

Natürlich war es Anlass zur Freude, dass der Bundestag endlich das Mahnmal für die Opfer des Kommunismus beschlossen hat. 

Doch die Debatte dazu war kontrovers. Eine eigentlich wünschenswerte einhellige Beschlussfassung aller Parteien des Hauses ist nicht herbeigeführt worden, wenn auch die Koalitionsfraktionen geschlossen für ihren eigenen Antrag gestimmt haben. 

Auf Grund der kritischen Plenumsbeiträge sind aber noch erheblich Diskussionen zu erwarten, bevor das Mahnmal tatsächlich gebaut wird. 

Die Kritik aus den Reihen des Bundestages bezieht sich auf das Verfahren, den Titel und das vermeintliche politische Ziel der Schaffung eines solchen Mahnmals. Manche eine Kritik ist dabei leicht zu widerlegen, andere Aspekte hingegen lohnen, sich näher damit zu beschäftigen.

Dabei ist die Kritik am Verfahren, die besonders vom Redner Dr. Frömming von der AfD geäussert wurde, immerhin noch nachvollziehbar. Er unterstellte der Koalition, dass es sich ja gar nicht um einen echten Errichtungsbeschluss handele, weil erst mit Hilfe einer Machbarkeitsstudie über Standort, Umfang des Mahnmals entschieden werden müsse. Was also, frug die AfD, wenn diese Machbarkeitsstudie zum Ergebnis käme, dass Mahnmal gar nicht zu bauen? Semantisch hat die AfD da recht. Das ist ein Problem des Verwaltungsdeutsches, aus dem der Begriff "Machbarkeitsstudie" stammt. Dieser Begriff wird immer dann verwendet, wenn der politische Wille sich erklärt hat, ein bestimmtes Projekt zu realisieren, und die Verwaltung damit beauftragt. Diese soll Vorschläge erarbeiten wie dieses Projekt in die Tat umzusetzen ist. Das ist der Inhalt einer Machbarkeitsstudie. Daher geht dieser Vorwurf, es handele sich beim Koalitionsantrag gar nicht um einen Errichtungsbeschluss ins Leere. Doch so glücklich ist der Begriff der Machbarkeitsstudie leider wirklich nicht gewählt.

Nicht nachvollziehbar war die Kritik von Bündnis 90, die Grünen. Monika Lazar sprach sich gegen den Begriff des Mahnmals für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft aus. Sie wollte lieber ein Mahnmal für die Opfer der SED-Diktatur errichtet sehen. Die Grünen haben daher dem Koalitionsantrag auch gar nicht zugestimmt. 

 

Wer nur von Opfer der SED-Diktatur sprechen will, ignoriert nicht nur den Umstand, dass es kommunistisches Unrecht in einer äusserst brutalen Form ja bereits in der Zeit der SBZ, also der sowjetischen Besatzungszone vor Gründung des Staates DDR 1949 gegeben hat. Und er ignoriert auch die Abhängigkeit der SED von der Politik Moskaus. Ohne ihre Zustimmung wäre die Mauer nicht gebaut worden, der Aufstand von 1953 nicht niedergeschlagen worden, usw.. Nein, die DDR war Teil des bolschewistischen, kommunistischen Weltsystems unter Führung der Sowjetunion. Erst das erklärt den Charakter des Unrechts. Damit wird der Nationalsozialismus nicht verharmlost. Das scheint aber die Befürchtung der Grünen zu sein. Leider reden sie nicht offen darüber. 

Die Kritik der LINKEn, vorgetragen durch ihre Abgeordnete Simone Barrientos, erschien mir reine Propaganda zu sein. Sie stellte sich zwar dem Unrecht in der DDR, wollte aber den Begriff der kommunistischen Gewaltherrschaft dafür nicht gelten lassen. Statt dessen sah sie darin einen Beleg, dass es der Koalition gar nicht um das kommunistische Unrecht an sich gehe, sondern um die Verharmlosung der Nazi-Diktatur, um die Gleichstellung von Nazi- und bolschewistischer Diktatur. Das ist eine schlimme Unterstellung.

Ich musste da an Alexander Jakowlew denken, den langjährigen Chef der russischen Rehablitirierungsbehörde für die Opfer bolschewistischen Unrechts. Der hat in seinem Buch "Die Abgründe meines Jahrhunderts" geschrieben, dass die Bolschewisten den Faschismus erfunden hätten. Wer Jakowlews schonungslose Abrechnung mit dem Bolschewismus liest, kann diesem Urteil durchaus beipflichten. Nein an dem Beitrag der Frau Barrientos, in deren Familie sich übrigens auch Opfer des kommunistischen Unrechts in der DDR finden, kann man erkennen, dass die LINKE sich bis heute, dem Unrecht, das von ihrer Partei bis 1989 ausgegangen war, nicht gestellt haben. 

Schwierig wird ein Vorwurf, der im Vorfeld bereits für Diskussionen gesorgt hat, und der von Frömming von der AfD und einem jungen Vertreter der CDU-Bundestagsfraktion, Christoph Bernstiel  explizit vorgetragen wurde. Beide wollten auch den Begriff des Sozialismus im Mahnmal verankert sehen, also ein Mahnmal für die Opfer von Sozialismus und Kommunismus. 

 

Sicher das Machtsystem, sein Unrechtsstaat, um das es sich ja mit der DDR handelt, bezeichnete sich immer auch als sozialistisch. Daher ist das ein ernstzunehmendes Argument, weil die Opfer auch im Namen des real existierenden Sozialismus verfolgt wurden. 

 

Doch so einfach ist es leider nicht. Denn der Begriff des Sozialismus ist und wird bis heute auch von der Familie der sozialdemokratischen Parteien innerhalb der SI, also der Sozialistischen Internationale beansprucht. Und deren Sozialismus-Begriff ist nicht mit Blut besudelt. Im Gegenteil, die Sozialdemokratie hat in ihrer Geschichte für die Durchsetzung der Werte der Moderne gestanden, für Menschenrechte, Demokratie und freie Wahlen. Es ist klar, dass sich die SPD daher mit einem Mahnmal für die Opfer des Kommunismus und Sozialismus nicht gleich mit an den Pranger gestellt sehen will. Sie wird dem niemals zustimmen können. 

 

So stellt uns die Propanganda der Kommunisten bis heute vor ernstzunehmende Probleme. Denn einerseits ist der kommunistische Traum bis heute nicht ausgeträumt. Und andererseits führte die Art der Kommunisten, freiheitliche Begriffe zu besetzen, umzudeuten und in den Schmutz zu ziehen, uns bis heute vor politische Herausforderungen, die man nur mit einem klaren Bekenntnis zu den Werten der Moderne beantworten kann. 

Und genau das muss der Zweck des Mahnmals für die Opfer des Kommunismus sein. Genau deshalb muss es errichtet werden. Ich hoffe sehr, dass die Koalitionsfraktionen darüber schnell Einigkeit erzielen, und vielleicht tatsächlich noch in dieser Legislaturperiode mit seinem Bau begonnen werden kann, so wie es Katrin Budde (SPD), die Kulturausschuss-Vorsitzende des Bundestages in der Plenumsdebatte geäussert hat.  

Auf jeden Fall liegt der Ball jetzt im Spielfeld der Bundesregierung. Es wird an Monika Grütters liegen, dieses Projekt energisch anzugehen. Ich bin gespannt, wie sie damit umgeht. Es heisst, sie möge diese Mahnmalprojekte nicht so sehr. Kein Wunder, wenn man an die Hängepartei um das Einheitsdenkmals denkt. 

19-12-16 Sitzunsprotokoll Bundestag Frei
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