Oktoberfest – Das Attentat von Ulrich Chaussy

Lesart „Kurz & kritisch“ Kurzrezension für Deutschlandradio 14. Mai 2014

Ulrich Chaussy

Oktoberfest – Das Attentat

Wie die Verdrängung des Rechtsterrors begann

Ch. Links Verlag Berlin, Januar 2014

300 Seiten, 19,90 €

 

Der Münchner Journalist Ulrich Chaussy legt mit seinem Buch „Oktoberfest – Das Attentat“ den Finger in eine bundesdeutsche Wunde, der Angst davor, dass rechtsextreme Ideen bis heute Menschen bis hin zu terroristischen Anschlägen zu verführen vermögen, und einem Mangel an Vertrauen in die Prinzipien der Aufklärung, die als einzige in der Lage sind, diese Verführung zu verstehen und ihr Einhalt zu gebieten.  1980 zerfetzte auf dem Münchner Oktoberfest eine Bombe 13 Menschen und verletzte 200 z.T. schwer. Das war das schlimmste Attentat in der Geschichte der Bundesrepublik überhaupt. Darüber und die polizeilichen Ermittlungen berichtete Chaussy von Anfang an. Und er blieb auch daran, als das öffentliche Interesse zu erlahmen begann, und sich abfand mit den unbefriedigendem Ermittlungsergebnis eines angeblichen Einzeltäters, den die Polizei in dem bei dem Anschlag umgekommenen Gundolf Köhler fand, einem 22-jährigen Studenten aus Donaueschingen. Bereits 1985 machte Chaussy seine Zweifel an dieser Einzeltäterthese öffentlich. Ein Gemisch von polizeilichen Fehlern und Indiskretionen sowie der politischen Interessenlage der bayrischen CSU-Landesregierung verwischte die Spuren, die hätten helfen können, das Umfeld des Gundolf Köhler erfolgreich aufzuklären. Die Aktualität dieser Geschehnisse ergibt sich aus den verheerenden Ermittlungspannen der Polizei bei der NSU-Mordserie, deren justizielle und politische Aufklärung noch immer nicht beendet ist. Spannend zu lesen, hinterlässt Chaussys Buch uns nicht nur ernüchtert und auch ein bisschen wütend, sondern stellt auch Fragen, die wir allerdings selber beantworten müssen.