Lesart „Kurz & kritisch“ Kurzrezension für Deutschlandradio 21.April 2013
Wofür wir kämpfen.
Michael Hardt und Antonio Negri über Demokratie,
Campus Verlag Frankfurt-New York, 100 Seiten, 12,90 Euro.
Dieses schmale Bändchen will ein Manifest sein, obwohl die Autoren dies verneinen. Es ist ein Utopieprodukt. Es greift die Impulse der sozialen Bewegungen der letzten Jahre auf, und versucht Perspektiven für die Zukunft unserer Demokratie daraus zu entwickeln. In der Tat waren der arabische Frühling, die Occupy-Bewegung und auch der soziale Protest in Israel ermutigend für alle freiheits- und demokratieliebenden Menschen. Und auch die Proteste von Griechenland, Spanien und Portugal gegen die allzu harten Lasten eines brutalen Sparkurses zur Rettung der europäischen Währung sind richtig. Für Hardt und Negri aber sind sie die Geburtsstunde einer gänzlich neu verfassten Demokratie. Und hier wird der Protest überinterpretiert. So wichtig die Reformdiskussionen und Protestartikulationen für unsere Demokratie sind, so klar ist auch, dass mit Schwärmen von einer besseren Demokratie, mit der Flucht ins Utopische keinem Demokraten geholfen ist. Gerichte kann man nicht durch einen breiten Meinungsbildungsprozess ersetzen. Wer glaubt, die repräsentative Demokratie durch eine Basisdemokratie a la Arbeiter- und Soldatenräte verbessern zu können, landet am Ende wieder bei der guten alten Diktatur des letzten Jahrhunderts. Und das ist die Achillesferse von Negri und Hardt.