Kraushaar - Der Griff nach der Notbremse
Lesart „Kurz & kritisch“ Kurzrezension für Deutschlandradio 21.April 2013
Der Griff nach der Notbremse.
Wolfgang Kraushaar zu Nahaufnahmen des Protests
Verlag Klaus Wagenbach Berlin
144 Seiten, 9,90 Euro.
Der bekannte Protestforscher Wolfgang Kraushaar hat die sogenannten neuen sozialen Bewegungen der letzten Jahrzehnte versucht zu analysieren, um ihr inneres Wesen herauszuschälen. Und das sei „der Griff nach der Notbremse“, wie Kraushaar schreibt. Mit den bisherigen, eher linksseitigen Fortschrittstheorien, wird man ihnen, so Kraushaar, nicht gerecht. Kraushaar folgt anderen Interpretationen.Den neuen Bewegungen ginge es nicht in erster Linie darum etwas Neues aufzubauen, sondern Widerstand zu artikulieren, ein unübersehbares Stopp-Signal aufzurichten. Und das härteste und grausamste Stopp-Signal in der Öffentlichkeit sei der Freitod, wodurch diejenigen, die ihn wählen zu Märtyrern werden. Dies verleihe der Bewegung dann eine ganz eigene, z.T. durchschlagende Dynamik. Lesenswert an Kraushaars Buch sind auch die vielen Einzelschilderungen von einem breiten Spektrum dieser neuen sozialen Bewegungen, von Antiatombewegung, der Friedensbewegung, dem arabischen Frühling, genauso, wie der Auseinandersetzung um ein als antisemitisch verstandenes Theaterstück. Das Buch ist erhellend, wenn auch nicht erschöpfend. Man kann es lesen mit Gewinn.