Lojze Wieser - Demokratische Einigung Europas
Lesart „Kurz & kritisch“ Kurzrezension für Deutschlandradio 21.Dezember 2013
Lojze Wieser
Demokratische Einigung Europas
Das Hoffen wagen
Wieser Verlag Klagenfurt, Herbst 2013
294 Seiten, 19,95 €
Ich gebe zu, das Buch weckte anfangs gemischte Gefühle. Zu sehr schien es einfach nur ein Tagungsbericht von Experten, echten und solchen, die sich dafür halten über den europäischen Integrationsprozeß zu sein, ein Spiegel der öffentlichen Debatten unseres Nachbarlands Österreich, wie wir sie leidlich auch in Deutschland kennen, wo sich der mainstream der öffentlichen Meinung ein Stelldichein gibt, kurz eine Sammlung von Gemeinplätzen.
Doch je tiefer man sich hineinließt, desto packender werden die Beiträge. Im Mittelpunkt stehen die kontrovers diskutierten Vereinigten Staaten von Europa, deren Für und Wider aufklärerisch beleuchtet wird. Hier werden Aspekte von Europa deutlich, die mehr sind, als das Jammern über zu viel Bürokratie oder unbewältigter Finanzkrise. Die europäische Idee ist weit bedeutsamer, als ein Heben des allgemeinen Lebensstandards. Sie läßt sich nicht auf die drei großen Freiheiten, der Mobilität der Menschen, von Kapital und Arbeit reduzieren. Es entsteht ein Sinn der Europäischen Union gespeist aus unserer Kultur und unserer Geschichte, welcher dieser eine eigene Identität verleiht. Dabei gibt es Beiträge, die durchaus auch mal einen Ausflug ins metaphysische wagen; benachbart von Analysen die Wege zur weiteren Demokratisierung der EU aufzeigen, ein Unterfangen, das nur gelingt, wenn die Menschen wieder spüren, dass ihre ganz persönlichen politischen Entscheidungen wieder Folgen haben.
Kurz, Lojze Wiesers Buch enthält eine Fülle von Anregungen, wieder mehr über Europa und damit über uns selber nachzudenken. Und es vermittelt eine Vision von der Buntheit und Kreativität einer gemeinsamen europäischen Öffentlichkeit, deren Sprachbarrieren durch Sprachkenntnisse überwunden sind. Denn wenn schon ein Blick in unser Nachbarland Österreich, von dem wir ja nicht durch eine Sprachgrenze getrennt sind, so anregend ist, wie schön wäre es, mal nach Portugal, Polen, England oder Finnland zu schauen.