2. Solar, Lewandowsky, Decker - Demokratie ohne Wähler?
Lesart „Kurz & kritisch“ Kurzrezension für Deutschlandradio 21.April 2013
Demokratie ohne Wähler?
Marcel Solar, Marcel Lewandowsky und Frank Decker über neue Herausforderungen der politischen Partizipation
Verlag J.H.W. Dietz Bonn, 240 Seiten, 18,00 Euro.
Der Titel klingt provokant, ist aber nicht so gemeint. Tatsächlich halten die Autoren unsere Demokratie für zukunftsfähig. Allerdings, so ihre Hauptthese muss es gelingen, die Teilhabemöglichkeiten der Gesellschaft an den politischen Prozessen zu verbessern. Denn der Rückzug der Wähler aus der Politik sei auch ein Protestsignal, aber keines, das sich nicht beantworten ließe. Dies wird, mit einer an strengen wissenschaftlichen Kriterien ausgerichteten Untersuchung am Beispiel von Nordrheinwestfalen nachgewiesen. Die Autoren plädieren für mehr plebiszitäre Elemente, mehr Beteiligung der Bürger an Personalentscheidung und eine Stärkung der innerparteilichen Demokratie. Die Autoren erweisen sich als Kenner des Innenlebens und der Strukturen unserer repräsentativ verfassten Staatsform. Sie vermögen zwischen demokratischem Ideal als Leitbild und den praktischen Herausforderungen der Machtausübung zu unterscheiden. Gerade das macht ihre Hinweise wertvoll. Sie sollten von unseren Parteistrategen und Staatsrechtlern ernst genommen und umgesetzt werden. Dies würde der Demokratie und den Parteien neue Kräfte zuführen. Leider ist das Buch, gerade weil es wissenschaftlich sauber arbeitet, sehr trocken geschrieben. Nur am Schluss des Buches sind bei den Autoren die Gefühle durchgekommen, als sie plötzlich vehement für eine Erneuerung des Sozialstaats plädieren. Das mag richtig sein, war aber im ganzen Buch vorher kein Thema. Vielleicht glauben ja die Autoren selber nicht so sehr an die Bedeutung von mehr Teilhabe, sondern eher der sozialen Gerechtigkeit. Dann wäre es spannend, wenn sie auch dieses Thema ähnlich sauber analysierten.